Peter Walde & Carlo Zappella: Suddenly this Balance
Photography, Publications | Jun 2023
Arts & Studies: Peter Walde und Carlo Zappella: Suddenly this Balance In: EIKON. Internationale Zeitschrift für Photographie und Medienkunst 122 (2023), S. 54–55
„Am schönsten ist das Gleichgewicht, kurz bevor’s zusammenbricht“. In ihrer Gemeinschaftsarbeit Suddenly this Balance (2022–2023) widmen sich Peter Walde und Carlo Zappella – beide Studierende in der Klasse Fotografie bei Gabriele Rothemann an der Universität für angewandte Kunst Wien – der künstlerischen Erforschung instabiler Systeme. Der Titel versteht sich als Anspielung auf die Werkserie Plötzlich diese Übersicht (1981–2012) des Schweizer Künstlerduos Peter Fischli (* 1952) und David Weiss (1946–2012), die als lose Sammlung von über 350 kleinen Plastiken aus ungebranntem Ton das spielerische Unterfangen darstellt, die Welt in ihrer Gesamtheit zu inventarisieren.
Auch Waldes und Zappellas Arbeit lädt zur genauen Betrachtung ein und erzählt nebenher von der zeitgenössischen Sehnsucht nach einem zen-artigen Zustand, der alles in Balance zu halten vermag. Tatsächlich verbirgt sich hinter dem schönen Schein des vermeintlichen Zusammenhalts jede Menge Rendering und Tüftelei. Während Fischli & Weiss für ihre Fotoserie Equilibres (1984–1986) reale Gebrauchsgegenstände, Möbelstücke, Obst und Gemüse zu waghalsigen Gleichgewichtskonstruktionen auftürmten und diese flüchtigen Assemblagen fotografisch festhielten, entstand Suddenly this Balance mithilfe der Open-Source-Software Blender, also rein virtuell: Was wie abgelichtet aussieht, basiert auf isometrischen Projektionen und digitalen Modellierungen; physikalische Gesetze wirken hier nur vordergründig. Dass das komplexe Arrangement, wenigstens auf den ersten Blick, glaubhaft anmutet, verdankt sich allerdings auch dem Experiment mit echten Objekten. „Wie lange kann ein defektes System auf einem anderen ruhen, bevor es zusammenbricht? Wie viele Lügen braucht es, um eine Wahrheit zu verschleiern?“ Wodurch verrät sich Fakeness? Bleibt zu hoffen, dass Waldes und Zappellas kollaborative Auseinandersetzung mit diesen und anderen Fragen eine Fortsetzung findet.
Katharina Manojlovic